St. Vitus / Steinekirch stellt sich vor

Steinekirch Innenblick

Steinekirch:

Katholische Pfarrkirche „St. Vitus“

Baugeschichte:

Als die Urpfarrei auf der rechten Zusamtalseite wird man wohl Steinekirch betrachten können. Vielleicht war die dortige Vituskirche schon von Anfang an ein Steinbau gewesen, welcher der entstehenden Siedlung den Namen gab.

Die Entstehung des Ortes wird im Laufe des 8. oder 9. Jhdts. angenommen. Der Ortsname „Stainkirche“ kommt erstmals in einer Urkunde des KlostersSt. Katharina in Augsburg aus dem Jahre 1239 vor. Steinekirch gehörte im Mittelalter und lange danach zur Burgherrschaft Wolfsberg. Adelsgeschlecht waren die Fraße. Die Fraße waren Dienstmannen des Bischofs von Augsburg und wurden nach der Schlacht auf dem Lechfeld (955) mit Gütern in ­Steinekirch und Umgebung belehnt. 1233 wurden die Fraße erstmals „de Wolfsperch“ genannt. Am22. Juli 1589 kam Steinekirch zum Domkapitel Augsburg.

Die Pfarrei, zu der bis 1507 auch Dinkelscherben und Au gehörten, ist sehr alt. Die im Kern spätgotische Pfarrkirche ist 1760 von Ignaz Paulus barockisiert worden. Dabei wurde auch das nördliche Langhaus erneuert. Der Chor stammt von einem vor 1499 aufgeführten Bau. Noch viel älter ist der Unterbau des 30 m hohen Turmes aus Nagelfluhquadern.

Das Patronatsrecht der Pfarrei kam im 15. Jhd. an Wolfsberg. Die Bemühungen, Dinkelscherben aus der Mutterpfarrei Steinekirch zu lösen, gehen bis ins Jahr 1492 zurück. Am 22. August 1505 fasste das Domkapitel den förmlichen Beschluss, konnte aber erst 8 Monate später in Verhandlungen mit dem Patronatsherrn Philipp von Stain treten. 11/2 Jahre dauerten die Verhandlungen. Als Ergebnis musste die neue Pfarrei

Dinkelscherben jährlich 21 rhein. Gulden an Steinekirch zahlen.

Restauriert wurde die Kirche 1880, 1908, 1936, 1961 und 2000/2002.

Der Pfarrhof stammt aus 1791 und wurde mehrmals restauriert.

Ein um 1400 entstandenes Missale hält die Altar­patrozinien fest. Das Patrozinium St. Vitus ist möglicherweise von Altenmünster aus angeregt worden.

Der ehemals alleinige Altarpatron St. Vitus wurde ergänzt durch die hll. Sebastian und Leonhard.

In der Not des 30-jährigen Krieges liegt die Ursache begründet, dass neben anderen Orten der Umgebung auch Steinekirch das Gelübde ablegte, jährlich einen Kreuzgang zum Hl. Kreuz auf Zusameck zu unternehmen. Zu diesem Gelübde wurden sie veranlasst, als sie „in ihr aissersten noth ihr zuflucht in das Schloss nacher Dünkhelscherb genommen“. Die jährliche Wallfahrt mit sieben weiteren Dorfschaften (Oberschöneberg, Ettelried, Anried, Fleinhausen, Grünenbaindt, Gabelbach und Häder) wurde am3. Mai (Fest der Kreuzauffindung) abgehalten.

Wieswallfahrer brachten um etwa 1750 ein Abbild des Wiesheilandes nach Steinekirch.

Wer von Norden kommend das Zusamtal bei Nacht befährt, sieht sehr einladend die angestrahlten Kirchtürme von Zusmarshausen, Steinekirch und Gabelbach.

Baubeschreibung:

Außen zeigt die Kirche ein hohes Backsteinfries aus weitgespannten, überkreuzten Rundbögen mit Kleeblattenden an Chor und Langhaus, darüber am Turm Kleeblattbogenfriese, am Chor einmal gestufte Strebepfeiler mit abgeschrägtem Oberteil, vorkragendem Profilgesims und Pultdach.

Der ca. 500 Jahre alte Dachstuhl wurde bei der Langhauserweiterung 1760 wieder verwendet.

Der Meister der Ölberggruppe kannte das Werk Multschers. Multscher (1400 – 1467) wirkte in Ulm in den Jahren 1427 bis 1467.

Die Ölberggruppe in der oberen Nische außen am Chor ist in Terrakotta gearbeitet und wird in die Zeit von 1470/1480 datiert. Die Figuren Christi und der Apostel zeigen in der Ausformung der Gesichter deutliche Verwandtschaft mit den Schreinwächtern Georg und Florian sowie mit der Figur des hl. Johannes vom Sterzinger Hochaltar.

Drei Glocken aus dem Jahre 1513 stammen aus der Werkstatt von Sebold Schönmacher. Die Kronenbügel sind als in Zöpfe übergehende Männerköpfe gestaltet. Die vier Evangelisten sind in Rundmedaillons auf den Glocken angebracht. Seit dem 14. Jhd. war es allgemein üblich, in die Segensformeln gegen Blitz und Ungewitter alle vier Evangelien­anfänge aufzunehmen.

Den angerufenen Evangelisten traute man zu, die Unwetter unschädlich machen zu können. Sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg hätten die Glocken eingeschmolzen werden solllen. Ein glück­licher Umstand verhinderte dies jedoch. Auf allen drei Glocken stehen die ersten Worte des Englischen Grußes „Ave Maria Gratia Plena Dominus Tecum“. Auf der größten ist zusätzlich die Inschrift zu finden: „Meister Sebold gos mich“. Die Glocken wurden 2002 gründlich renoviert.

Die im Kern spätgotische Pfarrkirche ist 1760 von Ignaz Paulus barockisiert worden. Dabei wurde auch die nördliche Langhauswand erneuert.

Die Stuckdekorationen im Innern von 1760 stammen von Franz Xaver Feichtmayer d.Ä. Inwieweit Francois Cuvilliés diese Stuckdekorationen beeinflusste, wird z.B. an den Kartuschen im Chorgewölbe untersucht.

Die Bilder in den Kartuschen des Stuckators Franz Xaver Feichtmayer d.Ä. stammen von Joseph Christ (1731–1788) und entstanden um 1760.

Die Szenen stammen z.T. aus dem Leben des Kirchenpatrons St. Vitus. Christ ist auch der Schöpfer der Altarblätter.

Besonders eindrucksvoll das Deckenfresko mit Kreuzigungsszene.

Weitere Gemälde von Joseph Christ: Fresken im Chor: Taufe des hl. Vitus, seitlich die Kirchenväter.

Im Langhaus: Martyrium des hl. Vitus, seitlich Brustbilder Christi, Mariä und Apostel.

Emporenbrüstung: Engelskonzert.

Dominikus Bergmüller wurde vom Augsburger Domkapitel 1760 mit der Fertigung der Altäre einschließlich der Figuren beauftragt. Die Bergmüller gehören zu den bedeutendsten schwäbischen Altarbauern des Spätbarock und Rokkoko. Ein Großteil der Figuren stammt von Johann Michael Fischer aus Dillingen/Do.

Das korbbogig geschwungene Mittelbild des Hochaltars rahmen Säulen, dann Pilaster, vor denen die Außensäulen auf bis zum Boden reichenden ­Sockeln stehen. Auf Volutenkonsolen daneben werden die hll. Sebastian und Leonhard verehrt. Über den korinthischen Säulen erheben sich verkröpfte Gebälkstücke, die von den äußeren Säulen zum Auszugsbild hereinschwingen. Sie gewähren Putten Platz und sind mit Rocaillen (muschelförmiges Element) verziert. Das Auszugsbild im geschweiften Rahmen flankieren Putten und Palmwedel. Ein geschwungenes Gesims mit Rocaillen bekrönt den Auszug.

Der Tabernakel wirkt wie eine verkleinerte Ausgabe des Hochaltars.

Hochaltar: Glorie des hl. Vitus, im Auszug Christusmonogramm.

Die Seitenaltäre stehen dem Hochaltar nur wenig nach.

Pilaster begleiten die Mittelbilder und das Säulenpaar steht auf Sockeln über dem Altartisch.

Seitenaltäre: nördlich wohl der hl. Ignatius, im Auszug hl. Joseph, südlich Martyrium des hl. Bartholomäus, im Auszug hl. Joachim.

Der Taufstein aus Rotmarmor verdient besondere Beachtung. Er trägt die Inschrift „HOC ­BAPTISTERIUM IN HONOREM SVMI DEI … BEATISSIMAE VIRGINIS MARIAE ST. VITI FIERI CVRAVIT M. SEBA (stianus) SVITTER PAROCK … IN STEI(ne) KIRCH Anno 1642 2 Aug(ust): (Dieses Taufbecken hat in der Ehre Gottes, der heiligsten Jungfrau Maria und des hl. Vitus Magister Sebastian Suitter, Pfarrer in Steinekirch am 2. August 1642 machen lassen).

Die aus der Zeit um 1670/1680 stammende Kanzel im Renaissancestil ist ein Schmuckstück und wurde wie die ganze Inneneinrichtung 2000/20002 umfangreich renoviert.

Ein besonderer Blickfang ist die spätgotische Madonna, eine hervorragende Schnitzarbeit, die lt. Überlieferung aus der Burgkapelle auf dem Wolfsberg stammen soll.

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